Kreuzbandriss des vorderen Kreuzbandes

Eine der häufigsten Bandrupturen im Kniegelenk ist die vordere Kreuzbandruptur. Ursache ist meist ein Sportunfall mit einer Verdrehung des Kniegelenkes. Auch ein abrupter Stopp bei Kontaktsportarten ist ein typischer Unfallmechanismus. Es treten sofortige Schmerzen und eine Gelenkschwellung auf. Wenn die Diagnose mit körperlicher Untersuchung und MRT gesichert ist, sollten relevante Begleitverletzungen wie ein Meniskusschaden und eine Seitenbandläsion (sog. „unhappy triad“) gezielt ausgeschlossen werden.

Die Kreuzbänder, benannt nach ihrer Lage im Kniegelenk,  sind sehr wichtige Kniestabilisatoren, vor allem bei sportlicher Betätigung. Sie sorgen für einen geordneten Bewegungsablauf und verhindern ein unkontrolliertes Reiben der Gelenkflächen gegeneinander und den damit verbundenen erhöhten Verschleiss. Ein Kreuzbandriss kann durchaus ohne Operation behandelt werden, viele Sportler erreichen damit sogar wieder eine gewisse Sportfähigkeit ohne größere Beschwerden. Der entscheidende Nachteil liegt aber darin, dass in der Folge ein langjähriger, deutlich erhöhter Knieverschleiss mit frühzeitiger Arthrose droht. Diese Arthrose ist dann nicht mehr rückgängig zu machen, sodass häufig eine Prothese implantiert werden muss. Um dies zu verhindern, ist bei aktiven Patienten mit einem Funktionsanspruch eine Kreuzband-Ersatzplastik zu empfehlen.

Wir führen diese OP mit einer Technik durch, die im Profisport als Standard gilt. Hierbei wird die körpereigene Sehne des Musculus Semitendinosus, die nahe des Knies verläuft entnommen, 4fach gelegt und als neue Kreuzband ins Knie implantiert. Sollte in Einzelfällen diese Sehne nicht ausreichend dick sein, wird die benachbarte Sehne des M. Gracilis mit verwendet. Der Verlust dieser beiden Sehnen bewirkt keine bedeutenden Funktionseinschränkungen, so dass mit einer vollen Sportfähigkeit auch auf höchstem Leistungsniveau zu rechnen ist.

Ist die Sehne bei früheren Operationen bereits verwendet worden, kann die Sehne der Gegenseite oder ein Teil der Oberschenkel- oder Kniescheibensehne verwendet werden. Dies ist individuell zu entscheiden.

Die Operation erfolgt arthroskopisch gestützt, es erfolgt eine Gelenkspiegelung, Entfernung von Bandresten und Verklebungen und danach der Einzug des Transplantates. Hierzu werden mi speziellen Zielinstrumenten Knochenkanäle gebohrt, die exakt der Dicke und dem Verlauf des vorderen Kreuzbandes entsprechen, das neue Ersatzkreuzband in diese Kanäle eingezogen und mit Ankersystemen (aus Titanstahl) und Schrauben (selbstauflösend) fest fixiert. Für eine gute Funktion ist dabei die exakte Positionierung der Knochenkanäle sehr wichtig, weil sonst Instabilitäten, Bewegungseinschränkungen und Schmerzen resultieren können.

Trotz der festen Fixierung ist eine Einschränkung von Bewegung und Belastung nach der OP notwendig, um eine Einheilung des Transplantates in den Knochen und damit eine dauerhafte Heilung zu gewährleisten. Hierzu verwenden wir ein langjährig erprobtes und standardisiertes Nachbehandlungsschema, das bei Bedarf jederzeit individuell angepasst werden kann.

Sehr wichtig in diesem Zusammenhang ist vor und nach der OP ein Training der Oberschenkelmuskulatur. Diese umgreift das Kniegelenk und gewährleistet bei allen Belastungen eine dynamische Stabilisierung des Kniegelenkes. Eine gut trainierte Oberschenkelmuskulatur reduziert also die Belastung der Kreuzbänder, die ja ebenfalls der Stabilisierung des Knies dienen. Aus diesem Grunde beginnen wir mit einem Training des Oberschenkels bereits zum frühestmöglichen Zeitpunkt vor der OP, um ein bestmögliches Ergebnis zu erreichen.

Eine Kreuzbandersatzplastik muss entweder innerhalb von 36 Stunden nach der Verletzung durchgeführt werden, oder, wenn dies nicht möglich ist, wieder ab ca. 6 Wochen nach der Verletzung erfolgen. Der Grund hierfür ist, dass bei einer solchen Verletzung eine Entzündungsreaktion und Reizung des Knies einsetzt. Diese braucht bis zu ihrer Ausbildung etwa 36 Stunden und klingt dann innerhalb von 6 Wochen wieder ab. Die Sportorthopädie weiß aus langjähriger Erfahrung, dass eine OP während dieser Entzündungsphase zwar technisch möglich, aber die Komplikationsrate für Verklebungen im Gelenk und dauernde Schmerzen (sog. Arthrofibrose) deutlich erhöht ist. Da eine OP aufgrund der notwendigen Diagnostik (MRT) und OP-Vorbereitungen nur in seltenen Fällen innerhalb von 36 Stunden möglich ist, werden die meisten Patienten nach 6 Wochen operiert. Entscheidend für den OP-Zeitpunkt ist aber nicht die Zeit, sondern die Reizfreiheit des Knies, sodass dieser Zeitraum auch variieren kann. Ob das Knie für die OP bereit ist, entscheidet der Operateur in einer körperlichen Untersuchung. Generell gilt, dass trainierte Sportler tendenziell etwas früher operiert werden können, da die Oberschenkelmuskulatur besser ausgebildet ist und die Kniebelastung reduziert. Wir nutzen den Zeitraum des Abwartens, um die Oberschenkelmuskulatur zu trainieren und optimale Voraussetzungen für die OP zu schaffen.

Wenn Kombinationsverletzungen, z.B. mit einem Meniskusriss, vorliegen, bevorzugen wir ein zweizeitiges Vorgehen. Die optimale Versorgung eines frischen Meniskusrisses mit einer Naht liegt innerhalb von 2 Wochen, sodass wir die Naht sofort durchführen und die Bandreste bereits in der ersten Sitzung entfernen. Damit verkürzt sich die spätere OP-Dauer bei der Ersatzplastik des Kreuzbandes.

Auch bei veralteten Kreuzbandrissen ist eine Ersatzplastik noch sinnvoll, um weitere Schäden zu vermeiden. Eine feste Altersgrenze zur Kreuzbandplastik existiert nicht. Bei aktiven Patienten und fehlenden Begleitschäden kann auch deutlich jenseits des 50. Lebensjahres noch eine Kreuzbandplastik sinnvoll sein. Dies ist immer individuell zu entscheiden.